VG Frankfurt a.M.: Aufenthalts- und asylrechtliche Eilanträge eines unter Terrorismusverdacht stehenden tunesischen Staatsangehörigen – in einem Fall unter Schutzauflagen – abgelehnt

Die 6. Kammer des VG Frankfurt a.M. hat am 05.04.2017 einen Antrag eines tunesischen Staatsangehörigen, der im Verdacht der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat steht, auf Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz gegen seine Abschiebung nach Tunesien im asylrechtlichen Eilrechtsschutzverfahren unter der Bedingung abgelehnt, dass die tunesische Regierung vor einer Abschiebung des Antragstellers völkerrechtlich verbindlich gegenüber der Bundesregierung zugesichert hat, dass gegen den Antragsteller nicht die Todesstrafe verhängt werden wird, dass seine Behandlung und Unterbringung in allen Stadien des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens einschließlich einer sich etwa anschließenden Strafvollstreckung den Anforderungen der EMRK entsprechen wird, dass der zuständigen konsularischen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland jederzeit ungehinderter Zugang zu dem Antragsteller gewährt werden wird, solange sich dieser in Haft befindet, und dass dem Rechtsbeistand des Antragstellers neben einem ungehinderten Zugang zum Antragsteller während seiner Haftzeit das Recht eingeräumt werden wird, bei jeder Vernehmung des Antragstellers anwesend zu sein.

Ebenfalls mit Beschluss vom heutigen Tage hat die 2. Kammer des VG Frankfurt a.M. ein Eilrechtsschutzbegehren des Antragstellers mit dem sich dieser gegen seine sofort vollziehbare Ausweisung aus der Bundessrepublik Deutschland wendet, abgelehnt.

Der Antragsteller, der nach den Erkenntnissen der deutschen Ermittlungsbehörden der salafistischen/islamistischen Szene in hervorgehobener Funktion angehören soll, wurde erstmals am 15.08.2016 in Frankfurt a.M. auf Grund einer Fahndungsnotierung der tunesischen Sicherheitsbehörden, in der er als Mittäter des Anschlags auf das Bardo-Museum in Tunis bezeichnet wird, festgenommen.

Da die tunesischen Behörden in der Folge keine dem Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) entsprechenden Unterlagen über das gegen den Antragsteller laufende Strafverfahren übersandten, wurde dieser im November 2016 aus der Auslieferungshaft entlassen.

Auf Grund zwischenzeitlicher Ermittlungen der deutschen Sicherheitsbehörden wurde der Antragsteller am 01.02.2017 im Rahmen einer Anti-Terror-Razzia unter dem Vorwurf der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung in Untersuchungshaft genommen. Mit Bescheid vom 09.03.2017 wies die Stadt Frankfurt a.M. den Antragsteller für die Dauer von zehn Jahren unter Anordnung des Sofortvollzugs aus der Bundesrepublik Deutschland mit der Begründung aus, dass sein Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, und drohte dem Antragsteller die Abschiebung nach Tunesien an. Am 22.03.2017 begehrte der Antragsteller hiergegen und gegen die Androhung seiner Abschiebung nach Tunesien Eilrechtsschutz bei dem VG. Er bestritt die ihm vorgeworfenen Straftaten und eine von ihm ausgehende Gefahr. Bereits am Morgen des 22.03.2017 hatte der Antragsteller über seine Prozessbevollmächtigte einen Asylantrag gestellt, als er sich bereits zur Abschiebung am Flughafen Frankfurt a.M. befand. Zur Begründung seines Asylantrages bezog sich der Antragsteller auf seine Furcht vor Folter und Todesstrafe in Tunesien auf Grund der gegen ihn erhobenen Anklage, an dem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis beteiligt gewesen zu sein.

Mit Bescheid vom 24.03.2017 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge den Asylantrag des Antragstellers als offensichtlich unbegründet unter Androhung der Abschiebung nach Tunesien ab.

Hiergegen hat sich der Antragsteller mit Eilrechtsschutzantrag am 27.03.2017 gewandt im Wesentlichen mit der Begründung ihn erwarteten in Tunesien als Terrorverdächtigen Folter und Todesstrafe.

Die 6. Kammer des VG Frankfurt a.M. hat in ihrer Entscheidung vom 05.04.2017 die Ablehnung des Asylbegehrens des Antragstellers als offensichtlich unbegründet im vollen Umfang bestätigt. Die negative Feststellung zu den Abschiebungsverboten ist nach Auffassung des Gerichts jedoch nur unter der Voraussetzung der ausgesprochenen Bedingungen für eine Abschiebung des Antragstellers nach Tunesien nicht zu beanstanden. Nach Auffassung der Kammer kann die Wahrscheinlichkeit, dass im Zuge des gegen den Antragsteller in Tunesien betriebenen Strafverfahrens ein Todesurteil verhängt werden wird, sowie seine mögliche Gefährdung in Bezug auf Folter und sonstige menschenunwürdige Behandlung durch die ausgesprochenen Schutzauflagen soweit minimiert werden, dass für diesen keine tatsächliche Gefahr im Sinne der Rechtsprechung des EGMR mehr besteht, bei einer Rückkehr nach Tunesien derartige Menschenrechtsverletzungen zu erleiden. Die Kammer stützt sich in ihrer Bewertung insoweit auf die dem Gericht vorliegenden Erkenntnismittel, insbesondere den aktuellen Lagebericht des Auswärtigen Amtes, woraus sich zur Überzeugung des Gerichts die Notwendigkeit der Einholung der ausgesprochenen Schutzauflagen ergibt.

Die für das ausländerrechtliche Verfahren gegen die Stadt Frankfurt a.M. zuständige 2. Kammer hat in ihrer ablehnenden Entscheidung in der Person des Antragstellers ein Ausweisungsinteresse bejaht, da er die freiheitlich demokratische Grundordnung gefährde. Es lägen Tatsachen vor, die die Schlussfolgerung rechtfertigten, dass der Antragsteller eine terroristische Vereinigung, nämlich die Terrormiliz IS, in Tunesien unterstütze und auch in der BRD aussagekräftige Kontakte zu Personen pflege, die der Salafistenszene zuzurechnen seien. Die von der Antragsgegnerin erlassene Abschiebungsandrohung sei durch die Asylantragstellung des Antragstellers gegenstandslos geworden. Für die Feststellung von Abschiebungsverboten fehle der Stadt Frankfurt a.M. zwischenzeitlich die Zuständigkeit, da hierüber – nach Asylantragstellung – nur noch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu entscheiden habe.

Die Entscheidung der 6. Kammer ist unanfechtbar. Gegen die Entscheidung der 2. Kammer ist die Beschwerde zu dem HessVGH möglich. (VG Frankfurt a.M., Beschl. v. 05.04.2017 – 6 L 2695/17.F.A und 2 L 2483/17.F)

Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. Nr. 3 v. 05.04.2017

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