VG Bremen: Aufhebung der Ausweisung des Predigers des IKZ

Die 2. Kammer des VG Bremen hat die mit einer Abschiebungsandrohung verbundene Ausweisung des Predigers des Islamischen Kulturzentrums e.V. (IKZ) aufgehoben und damit seiner Klage stattgegeben. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen einer Ausweisung des nicht vorbestraften Klägers gestützt auf eine prognostizierte Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland auf Grund seiner Predigten nicht vorliegen.

Der Kläger erfülle nicht die Tatbestandsvoraussetzungen der § 54 Abs. 1 Nr. 2 und 5 AufenthG, nach denen eine Ausweisung ohne vorhergehende strafrechtliche Verurteilung möglich ist. Aus den vom Landesverfassungsschutz zusammengetragenen Aussagen des Klägers in seinen Predigten lasse sich keine Unterstützung terroristischer Organisationen ableiten. Teilweise stellten die von dem Kläger explizit erwähnten Gruppierungen bereits keine Terrororganisationen dar; im Übrigen seien die Aussagen nicht hinreichend konkret, um eine Gefährdung i.S.d. § 54 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG zu begründen. Der Kläger rufe auch nicht zum Hass gegen in der Bundesrepublik Deutschland lebende Personengruppen auf. Zwar bekräftige er in seinen Predigten seinen eigenen Glauben und fordere seine Zuhörer dazu auf, diesbezüglich ebenfalls standhaft zu sein. Damit sei jedoch die Schwelle zum Hassaufruf nicht erreicht. Seine Aussagen über die Stellung von Frau und Mann, zur Kindererziehung und zu einzelnen Grundrechten bewegten sich noch im Rahmen der Meinungs- und Glaubensfreiheit. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ergebe sich daher nicht.

Der Kläger reiste im Jahr 2001 in die Bundesrepublik Deutschland ein und leitet seit 2006 regelmäßig als Imam und Vorbeter das Freitagsgebet im IKZ. Hierbei erreicht er eine Besucherzahl von ca. 400 bis 500 Personen. Seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie wurden diese Gebete auch über Facebook übertragen. Mit Bescheiden vom 06.04.2021 und 21.05.2021 verfügte der Senator für Inneres die Ausweisung des Klägers für die Dauer von 20 Jahren. Durch den Inhalt seiner Predigten gehe vom Kläger eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland aus. Der Kläger unterstütze terroristische Vereinigungen und schüre Hass auf bestimmte Personengruppen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland. Als Beleg wurden zahlreiche Aussagen des Klägers, gesammelt vom Landesverfassungsschutz Bremen in den Jahren 2014 bis 2021, herangezogen. Der Kläger hat hiergegen am 21.06.2021 Klage erhoben.

Gegen das Urteil kann binnen eines Monats Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. (VG Bremen, Urt. v. 01.07.2022 – 2 K 1260/21)

Pressemitteilung des VG Bremen v. 01.09.2022

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