Der 4. Strafsenat des OLG Celle hat mit Beschluss vom 07.02.2022 die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen Romiena S zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet (4 StS 3/21). Die 33-jährige Angeklagte befindet sich seit dem 07.10.2021 in Untersuchungshaft.
Der Angeklagten wird die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2 StGB), die Unterstützung einer solchen Vereinigung und die Anwerbung von Mitgliedern für eine solche (§ 129a Abs. 5 Sätze 1 und 2, § 129b Abs. 1 Sätze 1 bis 3 StGB), ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 VStGB), die Entziehung Minderjähriger mit Gefährdung (§ 235 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 1 StGB), die Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht (§ 171 StGB) sowie die Billigung von Straftaten (§ 140 Nr. 2 a.F. i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 2 a.F. StGB) vorgeworfen.
Konkret soll die Angeklagte 2014 gemeinsam mit einer 16-jährigen Frau nach Syrien ausgereist sein und sich dort der terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ angeschlossen haben, wobei die Angeklagte ihre damals vier Jahre alte Tochter gegen den Willen des Kindsvaters mitgenommen habe. In Syrien habe sie nacheinander mehrere IS-Mitglieder nach islamischem Ritus geheiratet. Indem sie sich um den Haushalt gekümmert habe, habe sie es ihnen ermöglicht, vor allem an Kampfhandlungen teilzunehmen. Sie habe ihre Tochter sowie ihre in Syrien geborenen zwei Söhne im Sinne der radikal-islamistischen Lehre des IS erzogen. Ihre zu diesem Zeitpunkt sechsjährige Tochter habe sie zu der Steinigung einer Frau mitgenommen und ihr Hinrichtungsvideos gezeigt. Über Twitter habe sie Kurznachrichten veröffentlicht, in denen sie ihre Zustimmung zu den Anschlägen des IS am 14.07.2016 in Nizza und am 18.07.2016 in Würzburg zum Ausdruck gebracht habe. Sie habe schließlich im Haushalt eines Sklavenhändlers für einige Tage eine vom IS versklavte Jesidin angewiesen, Haushaltstätigkeiten zu verrichten, und sie bei einem Gang in die Stadt überwacht.
Die Angeklagte war seit ihrer Gefangennahme in Syrien Anfang des Jahres 2019 mit ihren Kindern in zwei kurdischen Lagern untergebracht. Sie wurde am 07.10.2021 bei ihrer Einreise über den Flughafen Frankfurt a.M. festgenommen.
Für die Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung sowie für die Entziehung Minderjähriger mit Gefährdung sieht das Gesetz jeweils eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren vor, für ein dem Anklagevorwurf entsprechendes Verbrechen gegen die Menschlichkeit sieht es eine Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren, in minder schweren Fällen nicht unter zwei Jahren vor. Die weiter angeklagten Delikte sind mit geringeren Strafen bedroht.
Die Hauptverhandlung dient der Klärung, ob die erhobenen Vorwürfe zutreffen; für die Angeklagte gilt bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung die Unschuldsvermutung.
Pressemitteilung des OLG Celle v. 09.02.2022
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