Die Bundesrepublik Deutschland und der Zentralrat der Juden in Deutschland haben einen Militärseelsorgestaatsvertrag abgeschlossen. Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauerund Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster unterzeichneten den Vertrag im Rahmen des jüdischen Gemeindetags 2019.
„Es erfüllt mich mit Dankbarkeit und Freude, dass wir mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags ein starkes Zeichen für unsere jüdischen Soldatinnen und Soldaten setzen können. Nach rund 100 Jahren wird es wieder jüdische Militärrabbiner geben. Ich freue mich, dass in Vielfalt und Offenheit auch unsere jüdischen Kameradinnen und Kameraden „in der Bundeswehr zu Hause“ sind. Jüdisches Leben ist selbstverständlich in unserem Land.“, betonte Annegret Kramp-Karrenbauer.
Damit können voraussichtlich bereits im Laufe Jahres 2020 Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner ihren Dienst in der Bundeswehr aufnehmen. Sie werden die jüdischen Soldatinnen und Soldaten in ihrem Dienst im In- und Ausland seelsorgerisch betreuen. Der Sitz der Bundesbehörde „Militärrabbinat“ wird in Berlin sein. Die Berufung der ersten Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner wird in Abstimmung mit der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland und der Allgemeinen Rabbinerkonferenz im Laufe des Jahres 2020 erfolgen.
Hintergrund
Neben den Soldatinnen und Soldaten der christlichen Glaubensrichtungen leisten insbesondere zunehmend Angehörige der jüdischen und muslimischen Religion ihren Dienst in den deutschen Streitkräften. Mit der Erweiterung der Militärseelsorge wird einerseits die gewachsene Vielfalt und andererseits die weltanschauliche Neutralität der Bundeswehr unterstrichen. Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner gibt es zum Beispiel auch in den US-amerikanischen, französischen, britischen oder niederländischen Streitkräften.
Der Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden stellt die Zusammenarbeit zwischen der Bundeswehr und der Vertretung der jüdischen Glaubensgemeinschaften in Deutschland auf eine verlässliche Grundlage. Das Wirken der beiden großen christlichen Kirchen ist ebenfalls über Staatsverträge abgesichert. Der Zentralrat der Juden in Deutschland wird in Abstimmung mit der Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland und der Allgemeinen Rabbinerkonferenz die Kandidatinnen und Kandidaten für Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner vorschlagen. Die Seelsorger werden bei Bedarf auch in die Einsatzgebiete der Bundeswehr reisen. Deshalb wird im Rahmen der Auswahl der Seelsorger auf die gesundheitliche und fachliche Eignung ebenso Wert gelegt, wie auf eine Sicherheitsüberprüfung. Die fachliche Aufsicht über das theologische Wirken wird beim Zentralrat liegen, die Dienstaufsicht über die Arbeit der Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner bei der Bundeswehr. Es werden langsam aufwachsend bis zu insgesamt zehn Militärrabbinerinnen und Militärrabbiner eingestellt werden.
Verbesserte seelsorgerische Angebote sind auch für Soldatinnen und Soldaten anderer Glaubensrichtungen geplant. Hier ist die Suche nach geeigneten Gesprächspartnern noch nicht abgeschlossen. Auf Grund der sehr unterschiedlichen Organisationsformen der weiteren Glaubensverbände ist der zeitliche Horizont für weitere konkrete Umsetzungen derzeit nicht absehbar.
Was die Konfessionszugehörigkeit von Bundeswehrangehörigen angeht, gibt es wegen der Freiwilligkeit der Angabe lediglich Schätzwerte. Bei Einführung der Militärseelsorge Ende der 1950-er Jahre waren ca. 98% der Soldatinnen und Soldaten Angehörige der christlichen Kirchen. Heute sind das nur noch etwa die Hälfte. Schätzungen gehen davon aus, dass derzeit ca. 300 Angehörige des jüdischen Glaubens und ca. 3.000 Muslime bei der Bundeswehr dienen. Im Vergleich dazu stehen ca. 53.000 Angehörige des evangelischen und 41.000 des römisch-katholischen Glaubens.
Bereits heute können jede Soldatin und jeder Soldat, unabhängig von der Glaubensrichtung am Zentrum Innere Führung in Koblenz ein seelsorgerisches Angebot außerhalb der Bundeswehr vermittelt bekommen.
Pressemitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung v. 20.12.2019
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