Die Verordnung der Stadt Chemnitz über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonntagen im Jahr 2019 ist teilweise rechtswidrig. Das entschied das SächsOVG in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes auf Antrag der ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft.
In der Verordnung hatte die Stadt Chemnitz beschlossen, Ladenöffnungen am 29.09., 03.11. sowie am 01. und 15.12.2019 („verkaufsoffener Sonntag“) zwischen 12.00 Uhr und 18.00 Uhr jeweils für ihr gesamtes Stadtgebiet zu gestatten.
Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit der Begründung, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erlaubnis von Ladenöffnungen an Sonntagen seien nicht gegeben. Die Erlaubnis zur Öffnung von Verkaufsstellen im Stadtgebiet an jährlich bis zu vier Sonntagen sei nur bei Vorliegen eines besonderen Anlasses zulässig. Dazu sei erforderlich, dass der besondere Anlass prognostisch mehr Besucher anzieht als die gleichzeitig erlaubte Öffnung von Verkaufsstellen. Zudem müsse ein räumlicher Bezug zwischen der Anlassveranstaltung und den geöffneten Geschäften bestehen.
Die beabsichtigte Ladenöffnung am 29.09.2019 aus Anlass der Veranstaltung „Tage der Industriekultur“ könne zwar im Umfeld der Veranstaltungsorte eine Sonntagsöffnung rechtfertigen, nicht jedoch im gesamten Stadtgebiet einschließlich der Einkaufszentren am Stadtrand. Gleiches gelte auch wegen der Sonntagsöffnungen am 01. und 15.12.2019 aus Anlass der Chemnitzer Weihnachtsmärkte. Bei der Sonntagsöffnung am 03.11.2019 wegen der „Chemnitzer Kulturtage“ fehle es bereits an einer Anlassveranstaltung, die Ladenöffnungen rechtfertigen könne.
Das SächsOVG ist dieser Argumentation weitgehend gefolgt. Es hat deshalb die Verordnung der Stadt Chemnitz teilweise außer Vollzug gesetzt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Nach § 3 Abs. 2 des Sächsischen Ladenöffnungsgesetzes (SächsLadÖffG) ist die Öffnung von Verkaufsstellen zum Verkauf an jedermann an Sonn- und Feiertagen verboten. Davon können nach § 8 Abs. 1 SächsLadÖffG von den Gemeinden an jährlich bis zu vier Sonntagen zwischen 12.00 Uhr und 18.00 Uhr aus besonderem Anlass durch Rechtsverordnung Ausnahmen gestattet werden, wobei die Freigabe auf bestimmte Ortsteile und Handelszweige beschränkt werden kann. Zur Wahrung des verfassungsrechtlichen Mindestniveaus des Sonntagsschutzes liegt ein „besonderer Anlass“ allerdings nur dann vor, wenn eine Veranstaltung Anlass für die Gestattung der Öffnung von Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen ist, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anzieht. Die öffentliche Wirkung dieser Anlassveranstaltung muss gegenüber der typisch werktäglichen Geschäftigkeit der Öffnung von Verkaufsstellen im Vordergrund stehen.
Das ist bei den „Tagen der Industriekultur“ nicht im gesamten Stadtgebiet der Fall, sondern nur in den Stadtgebieten „Zentrum“ und „Kapellenberg“, in denen die einzelnen Veranstaltungsorte konzentriert sind. Nur in diesen Stadtteilen ist daher eine Sonntagsöffnung möglich. Die Stadt Chemnitz hat auch nicht dargelegt, dass die Chemnitzer Weihnachtsmärkte an verkaufsoffenen Sonntagen im gesamten Stadtgebiet das Einkaufsgeschehen prägen. Besucher werden voraussichtlich vor allem vom Chemnitzer Weihnachtsmarkt im Stadtzentrum im Bereich des Rathauses angezogen. Es ist dagegen nicht ersichtlich, dass von weiteren Weihnachtsmärkten in den Stadteilen mehr Besucher angezogen werden als von etwa geöffneten Verkaufsstellen. Bei den „Chemnitzer Kulturtagen“ fehlt es bereits an einer prägenden Veranstaltung. Diese Veranstaltung hat in den vergangenen Jahren nach den Angaben der Stadt Chemnitz in den Räumen der Einkaufszentren der Innenstadt und des Stadtrandes stattgefunden; sie ist daher von den Öffnungszeiten dieser Veranstaltungsorte abhängig. Es ist nicht ersichtlich, dass eine Mehrzahl der Besucher die Einkaufszentren allein wegen der Kulturangebote aufsuchen wird.
Sonntagsöffnungen können daher – vorläufig – nur am 29.09.2019 („Tage der Industriekultur“) in den Stadtteilen „Zentrum“ und „Kapellenberg“ sowie am 01. und 15.12.2019 (Chemnitzer Weihnachtsmarkt) im Stadtteil „Zentrum“ stattfinden. Am 03.11.2019 („Chemnitzer Kulturtage“) kann vorläufig keine Sonntagsöffnung stattfinden. Da es sich um eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelt, ist diese Entscheidung nicht endgültig. Die Entscheidung in der Hauptsache über den Normenkontrollantrag gegen die Verordnung der Stadt Chemnitz über die Sonntagsöffnungszeiten steht noch aus.
Der Beschluss des SächsOVG im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist unanfechtbar. (SächsOVG, Beschl. v. 23. Juli 2019 – 6 B 137/19)
Medieninformation des SächsOVG Nr. 11 v. 24.07.2019
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