VG Wiesbaden: Kein Unterlassungsanspruch des Zentralrats der Muslime gegen „Islamunterricht“ an hessischen Schulen

Die 6. Kammer des VG Wiesbaden hat mit Beschluss vom 06.09.2019 den Eilantrag des Zentralrats der Muslime gegen den Unterricht über den Islam an hessischen Schulen zurückgewiesen.

Das Land Hessen erprobt im laufenden Schuljahr an sechs weiterführenden Schulen im Rahmen eines Schulversuches gem. § 14 des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) jeweils in den 7. Jahrgangsstufen die Einführung des Schulfaches „Islamunterricht“. Dagegen hat der Zentralrat der Muslime einen Eilantrag beim Gericht gestellt und beantragt, dem Land Hessen aufzugeben, diesen Unterricht zu unterlassen.

Der Antragsteller beruft sich darauf, dass er selbst und sein hessischer Landesverband in ihren Rechten als Religionsgemeinschaften betroffen seien. Das Land Hessen verstoße gegen die Verfassung, indem es ohne Beteiligung von islamischen Religionsgemeinschaften einen islamischen Religionsunterricht anbiete. Nach Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG müsse der Staat die inhaltliche Bestimmung des Religionsunterrichts den Religionsgemeinschaften überlassen. Er selbst sei zur religiösen Neutralität verpflichtet und dürfe keinen „Islamunterricht“ an den Religionsgemeinschaften vorbei einrichten. Der „Islamunterricht“ dürfe außerdem nicht als Schulversuch nach § 14 HSchG angeboten werden, weil das Land Hessen damit den Gesetzgeber umgehe. Auch die durch die Mitgliedsverbände vertretenen Muslime, deren Kinder in die Jahrgangsstufe 7 wechseln, seien durch diesen „Islamunterricht“ in ihren Rechten verletzt.

Das VG Wiesbaden ist diesen Argumenten nicht gefolgt und hat den Eilantrag zurückgewiesen.

Es sei bereits fraglich, ob der Zentralrat der Muslime überhaupt antragsbefugt sei, denn es beständen zumindest Zweifel an seiner Einstufung als Religionsgemeinschaft. Der Gesamtverband des Zentralrates der Muslime bestehe aus einer Vielzahl von Mitgliedern mit ganz unterschiedlichen Konfessionen und unterschiedlichen Auslegungen des Islams. Der Verband könne auch nicht die Rechte der durch ihn vertretenen Muslime geltend machen, vielmehr müssten diese selbst um Rechtsschutz nachsuchen.

Jedenfalls aber sei der Eilantrag unbegründet, weil die Rechte des Antragstellers durch den Unterricht nicht verletzt würden. Das angebotene Fach stelle gerade keinen Religionsunterricht i.S.d. Art. 7 Abs. 3 Satz 2 GG dar. Nach der Konzeption des Faches diene es vielmehr der Information über den Islam, solle also Wissen vermitteln und nicht bestimmte religiöse Bekenntnisinhalte als wahr darstellen. Auch die Auswirkungen des Islams auf Lebensstil, Geschichte, Kultur, Philosophie und Ethik stellten wesentliche Lehrinhalte dar. Insgesamt ähnele der vom Land Hessen konzipierte „Islamunterricht“ eher dem Ethikunterricht als einem Religionsunterricht. Dem Land Hessen ginge es also nicht darum, über Glaubensinhalte zu bestimmen, sondern lediglich darum, über den Islam als solchen und seine zahlreichen Bezüge zu informieren. Die staatliche Neutralitätspflicht werde dadurch nicht verletzt. Darüber hinaus sei der „Islamunterricht“ nicht verpflichtend, vielmehr könnten die Schüler auf den Ethikunterricht oder auf den christlichen Religionsunterricht ausweichen.

Durch die Einrichtung des „Islamunterrichts“ als Schulversuch umgehe das Land Hessen auch nicht den Gesetzgeber, weil dieser Unterricht ein neues Fach darstelle, das in der Praxis erprobt werden dürfe. Damit lägen die Voraussetzungen des § 14 HSchG vor.

Gegen den Beschluss steht dem Antragsteller binnen zwei Wochen die Beschwerde zum HessVGH in Kassel offen. (VG Wiesbaden, Beschl. v. 06.06.2019 – 6 L 1363/19.WI)

Pressemitteilung des VG Wiesbaden Nr. 15 v. 09.09.2019

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