BayObLG: Verurteilung eines Jesuitenpaters wegen Nötigung durch Beteiligung an einer Sitzblockade rechtskräftig („Klimakleber“)

Das BayObLG hat die Verurteilung eines Jesuitenpaters wegen Nötigung auf Grund der Teilnahme an einer Sitzblockade bestätigt.

Der angeklagte Jesuitenpater hatte am 16.08.2022 gegen 12.00 Uhr gemeinsam mit ca. 40 Personen, die den Gruppierungen „Aufstand der letzten Generation“ sowie „Extinction Rebellion“ angehörten, den Bahnhofsplatz in Nürnberg in beide Fahrtrichtungen blockiert. Dabei hatte sich der Jesuitenpater, wie andere Beteiligte auch, mit einer Hand auf die Fahrbahn geklebt. Durch diese den Behörden weder zeitlich noch örtlich angekündigte Aktion wollten die Beteiligten den Verkehr am stark frequentierten Bahnhofsplatz zum Erliegen bringen, um so auf die fortschreitende Klimaerwärmung aufmerksam zu machen.

Das AG Nürnberg verurteilte den Angeklagten am 30.11.2023 wegen Nötigung in 13 tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 75 Tagessätzen zu je € 15,–. In der Berufungsinstanz änderte das LG Nürnberg-Fürth am 30.04.2024 das erstinstanzliche Urteil dahingehend ab, dass der Angeklagte wegen Nötigung in zehn tateinheitlichen Fällen zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je € 10,– verurteilt wurde.

Gegen das Berufungsurteil legte der Angeklagte Revision ein. Er sah seine Beteiligung an der Sitzblockade als Notstandshandlung gerechtfertigt. Dem folgte der 3. Strafsenat des BayObLG nicht.

Nach Auffassung des Senats scheitere eine Rechtfertigung der Sitzblockade durch Notstand bereits daran, dass dem Angeklagten zur Erreichung seines Ziels – der Einwirkung auf den politischen Meinungsbildungsprozess – verschiedene mildere Mittel zur Verfügung gestanden hätten. So habe er auf legalem Wege von seiner Meinungs- und Versammlungsfreiheit oder der Freiheit der Bildung politischer Parteien Gebrauch machen, sein Petitionsrecht ausüben oder über sonstige Kommunikationsmittel in das direkte Gespräch mit Regierungsmitgliedern oder den gesetzgebenden Körperschaften treten können. Die Straßenblockade sei überdies nicht erforderlich gewesen, weil zur Gefahrenabwehr staatliche Hilfe auch noch rechtzeitig in Anspruch genommen werden könne. Das politische System in der Bundesrepublik mit seinen Mechanismen der demokratischen Willensbildung und der gerichtlichen Kontrolle von Entscheidungen des Gesetzgebers und der Regierung biete insoweit ausreichend Mittel und Wege zur Gefahrenabwehr.

Ferner seien die weiteren Voraussetzungen der Strafbarkeit wegen Nötigung gegeben. Das LG habe ohne Rechtsfehler die Verwerflichkeit der Nötigung im konkreten Fall bejaht (§ 240 Abs. 2 StGB) und die gebotene Abwägung unter Berücksichtigung aller nach der Rechtsprechung des BVerfG maßgeblichen Gesichtspunkte vorgenommen. Auch nach Auffassung des Senats sei in Gesamtwürdigung die Blockade von zumindest zehn konkret festgestellten Autofahrern an einem Hauptverkehrspunkt über einen Zeitraum von 25 bis 40 Minuten – auch wenn der Angeklagte und die anderen Beteiligten damit einen Beitrag zu einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, der Klimakrise, leisten wollten, zu der die betroffenen Autofahrer in einem gewissen Sachbezug standen – nicht durch Grundrechte der Teilnehmer der Aktion gedeckt und als strafrechtliches Unrecht zu missbilligen. (BayObLG, Beschl. v. 16.10.2024 – 203 StRR 494/24)

Pressemitteilung des BayObLG Nr. 14 v. 05.11.2024

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