Der 2. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (HessVGH) hat entschieden, dass die geplanten Versammlungen zum bewaffneten Nahostkonflikt in Frankfurt a.M. und Kassel stattfinden dürfen. Die Verbote der Stadt Frankfurt a.M. und der Stadt Kassel sind rechtswidrig.
Die Stadt Frankfurt a.M. hatte dem dortigen Antragsteller auf dessen Anmeldung vom 16.10.2023 mit Verfügung vom 20.10.2023 die geplante Kundgebung „Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten“ auf dem Opernplatz verboten. Der hiergegen gerichtete Eilantrag zum VG Frankfurt a.M. (5 L 3313/23.F) war erfolgreich.
Auch die Stadt Kassel hatte mit Verfügung vom 19.10.2023 dem dortigen Antragsteller die geplante Versammlung „Mahnwache für Frieden in Nahost“ auf dem Königsplatz verboten. Dem hiergegen gerichteten Eilantrag gab das VG Kassel (6 L 1708/23.KS) statt.
Der 2. Senat des HessVGH hat die Entscheidungen der Verwaltungsgerichte bestätigt und damit die Beschwerden der Städte zurückgewiesen. Die Versammlungen können daher wie geplant stattfinden.
Zur Begründung führt der Senat aus, Versammlungsverbote kämen im Hinblick auf die grundrechtlich gewährte Versammlungs- und Meinungsfreiheit nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen in Betracht. Die dazu erforderliche unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung hätten weder die Stadt Frankfurt a.M. noch die Stadt Kassel hinreichend aufgezeigt.
Der Senat sei sich dabei bewusst, dass aus Anlass des terroristischen Überfalls der Hamas auf Israel bundesweit Versammlungen stattgefunden hätten, bei denen es zu Straftaten und Verstößen gegen das Versammlungsrecht gekommen sei. Bezüglich der hier angezeigten Versammlungen hätten beide Städte jeweils aber keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vorgebracht, dass die hiesigen Versammlungen hinsichtlich Anmelder, Teilnehmerkreis und Thema damit vergleichbar seien.
Insbesondere soweit die Stadt Frankfurt a.M. anführte, der Antragsteller habe in der Vergangenheit wiederholt Versammlungen durchgeführt, bei welchen es zu israelfeindlichen Redebeiträgen gekommen sei, reiche dies für die Annahme einer unmittelbaren Gefahr nicht aus. Die Stadt habe nicht aufgezeigt, dass der Antragsteller auch Äußerungen anstrebe oder fördere, die dem Strafrecht unterfielen. Die Stadt habe ferner nicht dargelegt, dass das Thema der Versammlung „Frieden und Gerechtigkeit im Nahen Osten“ lediglich vorgeschoben sei, um unter diesem Deckmantel Straftaten zu begehen. Vielmehr rufe der Antragsteller zu einer friedvollen Versammlung auf. Das werde auch dadurch bestätigt, dass der Antragsteller dafür Sorge tragen will, dass ggf. unangemessene Plakate entfernt würden. Die freiwillig über das erforderliche Maß hinaus angebotene Bereitstellung von 150 Ordnern belege ebenfalls, dass er ernsthaft gewillt sei, die Versammlung ohne eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit durchzuführen.
Soweit sowohl die Stadt Frankfurt a.M. als auch die Stadt Kassel befürchteten, dass sich Teilnehmer auf Grund der aggressiven Grundstimmung zu Straftaten hinreißen lassen könnten, seien Maßnahmen gegen diesen Teilnehmerkreis zu richten.
Die Beschlüsse sind im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug nicht anfechtbar. (HessVGH, Beschl. v. 20.10.2023 – 2 B 1466/23 [Kassel] und 2 B 1467/23 [Frankfurt a.M.])
Pressemitteilung des HessVGH Nr. 20 v. 21.10.2023





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