Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass die Zulässigkeit der Sonntagsöffnung eines Geschäfts im Zweibrücken Fashion Outlet Center davon abhängt, ob die eine solche Öffnung gestattende Durchführungsverordnung auch nach der Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz noch wirksam ist.
Sachverhalt
Der Kläger betreibt u.a. in der Pfalz Ladengeschäfte, in denen er auch Damenmodeartikel verkauft. Die Beklagte ist ein Damenoberbekleidungsunternehmen, das eine Filiale im Zweibrücken Fashion Outlet betreibt, das in der Nähe des Flugplatzes Zweibrücken liegt. Gemäß der auf Grund von § 7 Abs. 2 Ladenöffnungsgesetz Rheinland-Pfalz (LadöffnG) erlassenen Durchführungsverordnung vom 13.03.2007 (Durchführungsverordnung) ist die Sonntagsöffnung im zeitlichen Zusammenhang mit den jährlichen Oster-, Sommer- und Herbstferien in Rheinland-Pfalz erlaubt. Im Jahr 2014 wurde der kommerzielle Linienflugverkehr des Flugplatzes Zweibrücken eingestellt. Seit 2018 liegt eine Genehmigung als Sonderlandeplatz vor, die Fracht- und Geschäftsreiseverkehr sowie Flüge zu privaten sowie Ausbildungs- und Schulungszwecken gestattet. Der Kläger meint, die Ladenöffnungen der Beklagten an Feriensonntagen verstießen gegen § 3 LadöffnG und seien nach §§ 3, 3a UWG wettbewerbswidrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf
Das LG hat die Klage abgewiesen. Das OLG hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat angenommen, der Beklagten sei keine unlautere geschäftliche Handlung gem. §§ 3, 3a UWG vorzuwerfen, weil die Durchführungsverordnung ihr Verhalten legitimiere.
Entscheidung des BGH
Der BGH hat auf die Revision des Klägers das Urteil des OLG aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.
Die Durchführungsverordnung legitimiert die in der Sonntagsöffnung der Beklagten liegende geschäftliche Handlung nur, sofern sie wirksam ist. Eine infolge Rechtswidrigkeit nichtige Rechtsverordnung entfaltet keine Legitimationswirkung. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Durchführungsverordnung können auch nach ihrem Erlass eingetretene Umstände (hier: die Herabstufung des Flugplatzes Zweibrücken zum Sonderlandeplatz) von Bedeutung sein. Die Nichtigkeit einer (wie die Durchführungsverordnung) im Ermessen des Normgebers stehenden, ursprünglich rechtmäßigen Rechtsverordnung kann eintreten, wenn der Normgeber die Änderung oder Aufhebung der Rechtsverordnung unterlassen hat, obwohl sein Ermessen zu einem solchen Tätigwerden wegen einer nach Erlass der Rechtsverordnung eingetretenen Veränderung der maßgeblichen Umstände auf Null reduziert ist.
Der BGH hat dem OLG zu prüfen aufgegeben, ob hinreichende Sachgründe bestehen, die mit Blick auf den hohen verfassungsrechtlichen Rang des in Art. 140 GG i.V.m. Art. 139 WRV sowie Art. 47, 57 Abs. 1 Satz 2 und 3 der Verfassung für Rheinland-Pfalz vorgesehenen Sonn- und Feiertagsschutzes die von der Durchführungsverordnung vorgesehene Sonntagsöffnung im Zweibrücken Fashion Outlet Center rechtfertigen. Hierfür kommt ein erhöhter, am Flugplatz Zweibrücken nicht gedeckter Bedarf an Ladenöffnung in Betracht. Weiter ist zu prüfen, ob die Durchführungsverordnung auch dem Ziel regionaler Wirtschaftsförderung dient und dieses Ziel die Einschränkung der Sonn- und Feiertagsruhe rechtfertigt. (BGH, Urt. v. 27.07.2023 – I ZR 144/22)
Pressemitteilung des BGH Nr. v. 127 v. 27.07.2023





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