Der 1. Strafsenat des OLG Köln hat die Revision des Angeklagten Norbert W. gegen seine Verurteilung wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener verworfen. Die Verurteilung ist damit rechtskräftig. Der Angeklagte hatte im April 2011 einen Leserbrief verfasst, der im Bundesbrief Nr. 143 der alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks erschien. Hierin hieß es u.a., Dietrich Bonhoeffer sei „zweifelsfrei ein Landesverräter“ gewesen. Seine Verurteilung zum Tode sei „rein juristisch“ … „gerechtfertigt“ gewesen.
Der evangelische Theologe und Pastor Dietrich Bonhoeffer war am 08.04.1945 von einem „SS-Standgericht“ im Konzentrationslager Flossenbürg aufgrund seiner Mitgliedschaft und Tätigkeit in einer Widerstandsgruppe um Admiral Canaris wegen Hoch- und Landesverrats verurteilt und am 09.04.1945 hingerichtet worden. Bonhoeffer hatte sich für eine Beendigung des Krieges unter gleichzeitiger Beseitigung des nationalsozialistischen Regimes eingesetzt und zu diesem Zweck den Kontakt mit Vertretern der anglikanischen Kirche für die Vermittlung eines Waffenstillstandes gesucht.
Das AG Bonn verurteilte den Angeklagten Norbert W. aufgrund der Äußerungen in dem genannten Leserbrief zu einer Geldstrafe i.H.v. 40 Tagessätzen à 30 €. Das LG Bonn bestätigte im Berufungsverfahren die Verurteilung (25 Ns 113/13). Zur Begründung führte das LG aus, die Äußerungen des Angeklagten seien vom Grundrecht der Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit werde nicht schrankenlos gewährt und finde gerade im Recht der persönlichen Ehre eine Beschränkung. Zudem verfolge das Grundgesetz den Ansatz „Keine Freiheit für die Feinde der Freiheit“. Der Angeklagte könne sich für seine rechtsradikalen Äußerungen nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen, weil er damit nicht mehr auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehe. Die Verurteilung Bonhoeffers könne schon deswegen nicht „gerechtfertigt“ genannt werden, weil es sich nicht um ein justizförmiges Verfahren zur Erforschung der Wahrheit gehandelt habe. Vielmehr habe das Standgerichtsverfahren nur den Zweck gehabt, die aufgrund ihrer Widerstandstätigkeit unbequem gewordenen Häftlinge unter Missachtung aller Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens beseitigen zu können, den Machterhalt der Nationalsozialisten zu sichern und Rache für die Ereignisse des 20. Juli 1944 zu nehmen. Der Angeklagte Norbert W. habe mit seinen Äußerungen nicht nur einen Sachbeitrag zu einer Debatte leisten, sondern Bonhoeffer als Person herabwürdigen wollen, indem er sein Handeln als unmoralisch bewertet habe.
Mit der Revision wollte der Angeklagte einen Freispruch erreichen. Das LG Bonn, so seine Argumentation, habe sowohl die Grenzen des Grundrechts der Meinungsfreiheit wie auch die Intention des Angeklagten bei der Abfassung des Leserbriefes verkannt. Das Gericht habe nur einzelne Passagen des Leserbriefes herausgegriffen, ohne den Gesamtzusammenhang seiner Äußerungen zu würdigen.
Das OLG ist dem jedoch nicht gefolgt, sondern hat das landgerichtliche Urteil bestätigt. Zur Begründung heißt es in seinem Beschluss lediglich, dass „die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben“ habe.
Gegen den Beschluss ist kein weiteres Rechtsmittel gegeben. (OLG Köln, Beschl. v. 21.01.2014 – 1 RVs 272/13)
Pressemitteilung des OLG Köln Nr. 5 v. 07.02.2014





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