HessVGH: Keine Befreiung einer elfjährigen Muslima vom koedukativen Schwimmunterricht

Der 7. Senat des HessVGH hat die Berufung einer muslimischen Schülerin zurückgewiesen, die im Schuljahr 2011/2012 vom Schwimmunterricht der 5. Klasse, der Jungen und Mädchen gemeinsam erteilt wird (sog. koedukativer Schwimmunterricht), befreit werden wollte.

Die Schülerin hatte sich zur Begründung auf ihren Glauben berufen, nach dem auch Mädchen im Alter von elf Jahren an einem Schwimmunterricht, der in Anwesenheit von Jungen gleichen Alters erteilt werde, ihren Körper weitgehend verhüllen müssten und sich darüber hinaus auch nicht dem Anblick der Jungen in Badebekleidung aussetzen dürften. Darüber hinaus habe sie auch körperliche Berührungen mit Jungen zu vermeiden, zu denen es nach der Lebenserfahrung im koedukativen Schwimmunterricht kommen könne.

Der 7. Senat des HessVGH hat es für rechtmäßig erachtet, dass der Schulleiter der von der Schülerin besuchten Schule den Antrag auf Befreiung vom koedukativen Schwimmunterricht abgelehnt hat. Die Glaubensfreiheit der Schülerin stehe im Konflikt mit dem staatlichen Erziehungs- und Bildungsauftrag. Der Konflikt dieser Verfassungswerte sei mit dem Ziel der weitestmöglichen Schonung und damit Verwirklichung beider Verfassungsgüter zu lösen. Dem Glaubensgebot, den eigenen Körper beim Schwimmunterricht weitgehend zu verhüllen, hätte die Schülerin in zumutbarer Weise dadurch nachkommen können, dass sie am koedukativen Schwimmunterricht in einer den muslimischen Bekleidungsvorschriften gerecht werdenden Schwimmbekleidung (Burkini bzw. Haschima) teilnahm. Das von der Glaubensfreiheit der Schülerin geschützte Bestreben, sich nicht dem Anblick der Jungen in Badebekleidung auszusetzen sowie körperliche Berührungen mit diesen zu vermeiden, erfahre im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Erziehungsziel der Integration eine Einschränkung. Der Integrationsauftrag der Verfassung gebiete es nämlich, Schülerinnen und Schüler auf ein Dasein in der säkularen und pluralistischen Gesellschaft in Deutschland vorzubereiten, in der sie einer Vielzahl von Verhaltensweisen, Wertvorstellungen und Überzeugungen begegnen würden, die sie selbst für sich ablehnten.

Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum BVerwG zugelassen. (HessVGH, Urt. v. 28.09.2012 – 7 A 1590/12)

Pressemitteilung des HessVGH Nr. 21 v. 01.10.2012

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